Es war keine Liebe auf den ersten Blick, und zwischenzeitlich war Karl-Heinz Körbel auch mal gedanklich ganz weit weg von der Eintracht. Heute ist er 66 Jahre alt – und es dreht sich für ihn alles um seinen Herzensklub. Heute, morgen und noch in vielen Jahren. Unser Klubmagazin „Eintracht vom Main“ hat in der März-Ausgabe zehn besondere Momente von und mit Körbel zusammengetragen, die seine Verbindung zu Eintracht Frankfurt erklären. Hier gibt's fünf davon, natürlich mit dem unvergessenen 30. März vor 25 Jahren.
1972, Frankfurt, Riederwald und Waldstadion
Den Verein aufgesaugt
Körbel wechselt in diesem Jahr aus Dossenheim im Rhein-Neckar-Kreis zur Eintracht. Für die U19 läuft Körbel trotz des erlaubten Alters nie auf. Er trainiert bei den Profis und spielt in der U23, die von den 59er-Meistern Hermann Höfer und Dieter Stinka trainiert wird. Am Riederwald hat er eine WG in der Stadiontribüne bezogen. Hier lernt Körbel das Vereinsleben kennen, schaut beim Tennis und Hockey vorbei, atmet jeden Tag EintrachtLuft. „Hier habe ich erkannt, was dieser Verein bedeutet und welche Werte er vermittelt.“ Am 14. Oktober 1972, Körbel ist gerade mal 17 Jahre alt, darf er erstmals bei den Profis ran. Sein Gegenspieler ist Gerd Müller, zu dieser Zeit schon vier Mal Bundesligatorschützenkönig. Die Eintracht gewinnt 2:1, die Frankfurter Rundschau schreibt über Körbel: „Es war die Entdeckung eines Talents. Wenn der junge Mensch nicht überschnappt, wird man noch viel von ihm hören.“
1991, Hamburg, Millerntor
602
Welch unfassbare Zahlen. Über 700 Pflichtspiele, 18 Spielzeiten mit mindestens 29 Bundesligaeinsätzen (602 insgesamt). Wichtige Tore, wie das zum DFB-Pokalsieg 1975 gegen Duisburg oder das 1:1 in Hannover 1989 zur Rettung in die Relegation. Angebote von anderen Vereinen oder den Gedanken, die Eintracht mal zu verlassen? „Ja, zum Beispiel, als uns Pezzey und Cha 1983 verlassen haben“, erzählt Körbel. Mit der Aussicht, dass auch wieder Leistungsträger verpflichtet werden, kann Körbel gehalten werden. Zwei hohe Hürden gibt es allerdings zur damaligen Zeit: Nach Vertragsablauf dürfen Vereine noch Ablöse fordern, und zwei Spieler dürfen vom Verein in den Status „unverkäuflich“ gehoben werden. „Wenn all diese Hürden nicht gewesen wären, wäre ich vermutlich auch mal woanders hingegangen.“ Dennoch meint er: „Es lag an vielen Zufällen, dass ich nie gewechselt bin. Ich war nie der treudoofe Charly, der alles mit sich machen ließ.“ Als authentisch, aufrichtig und mit starkem Charakter ausgestattet wird er von Weggefährten beschrieben, zudem als Führungsfigur mit großem Durchblick. Körbel hat seinen Glauben und seine Werte, sagt immer seine Meinung – und wird Bundesligarekordspieler.
1996, Frankfurt, Waldstadion
Das Aus nach 24 Jahren
Körbel wird direkt nach seiner Spielerkarriere Co-Trainer, springt als Interimscoach ein, wird Fußballlehrer und startet als Cheftrainer in die Saison 1995/96 unter Sportmanager Bernd Hölzenbein, ebenso eine Eintracht-Legende. In genannter Spielzeit, genauer gesagt am 30. März 1996, geht eine Ära zu Ende, als er entlassen wird. Unter Tränen verlässt Körbel nach 24 Jahren Eintracht das Waldstadion. Geschieden von seiner Lebensliebe.
2002, Frankfurt, Otto-Fleck-Schneise. Südseite
Die Rückkehr
Körbels Frau Margaretha hatte es nicht für möglich gehalten, aber Körbel ist mittlerweile zurück bei der Eintracht. Erst als Spielbeobachter noch von Timmendorf (dort lebte er mittlerweile) aus, dann als Chefscout wieder mit festem Wohnsitz in Frankfurt. 2001 gründet er die Fußballschule, die im Kampf um die Lizenz ein Jahr später eine wichtige Rolle spielen wird. „Die DFL-Oberen und unsere Fußballschüler haben Tisch an Tisch in der Kantine des Landessportbunds zu Mittag gegessen. Ich habe immer rübergeschaut an den DFL-Tisch und gesagt: ‚Das hier könnt ihr nicht kaputtgehen lassen.‘ Eines Tages kamen sie nicht mehr“, schmunzelt Körbel heute, der auch den erfahrenen Rechtsanwalt Christoph Schickhardt nach Frankfurt holt. Der Rest ist Geschichte: Eintracht erhält die Lizenz und kommt – auch wenn es 2004 und 2011 nochmals in die Zweite Liga geht – in finanziell und sportlich ruhigere Fahrwasser. Ein Garant dafür ist Heribert Bruchhagen, der Körbel vom Scout zum Vorstandsberater macht.
2021, Frankfurt, Otto-Fleck-Schneise, Nordseite
Voller Tatendrang
In der Geschäftsstelle der Eintracht sinniert Körbel mit seinen Kollegen der Fußballschule über die Zukunft, ein Fünf-Jahres-Plan wird erarbeitet. Der 66-Jährige strotzt vor Tatendrang, hat Ideen, kämpft für seine ambitionierten Ziele und die Wahrung der Tradition – nicht nur in der gleichnamigen Mannschaft. Er lässt sich dabei nicht verbiegen, reißt sein Team mit, setzt seine integrativen Kräfte ein, ist wie früher auf dem Platz Führungspersönlichkeit, möchte die nächste Epoche der Fußballschule und der Traditionsmannschaft einleiten. Eintracht Frankfurt ohne Karl-Heinz Körbel? (Noch lange) nicht vorstellbar.
Karl-Heinz' Treue-Triple
› Nur ein Profiverein: Eintracht Frankfurt
› Seine „Babys“: die Eintracht Frankfurt Fußballschule und die Eintracht Frankfurt Traditionsmannschaft
› Er war nie der „treudoofe Charly, der alles mit sich machen lässt“ (O-Ton Körbel)
Die „Eintracht vom Main“ hat auf 27 Seiten die Geschichten derjenigen aufgeschrieben, die eine schon sehr lange und intensive Beziehung zur Eintracht pflegen. Dabei kann Treue durchaus sehr vielfältig sein. Einige Namen gefällig? Karl-Heinz Körbel, Franco Lionti, Timothy Chandler, Bernd Hölzenbein, Friedel Lutz und Saskia Matheis. Alle Geschichten, inklusive aller zehn Körbel-Momente, gibt’s in unserem ePaper der März-Ausgabe.