Vor 25 Jahren gliederte Eintracht Frankfurt die Fußball AG aus, der eingetragene Verein hält bis heute über zwei Drittel, aktuell 67,89 Prozent, der Anteile an der Aktiengesellschaft. Aspekte der Liquiditätssicherung waren damals für die Mitglieder ausschlaggebend, um der Ausgliederung der Fußballabteilung aus dem Mutterverein zuzustimmen. Seitdem nimmt die Gesellschaft am Spielbetrieb teil und ist zugleich für das operative Geschäft und die wirtschaftlichen Belange der Fußballprofis zuständig. Damit einher ging eine Partnerschaft mit der Octagon Inc., die einen Anteil von 19,1 Prozent an der AG erwarb und die Übernahme des Betriebs des Waldstadions im Sinn hatte.
2002, ein Jahr nach dem Abstieg in Liga zwei, wendete sich Octagon überraschend von der AG ab und die Zukunft des Profifußballs stand nach dem Absprung eines potentiellen Neuinvestors in letzter Minute einmal mehr vor einem ungewissen Schicksal. Die Zwangsversetzung in den Amateurbereich drohte, denn die DFL Deutsche Fußball Liga verweigerte der SGE die Lizenz für die Spielzeit 2002/03, die in einem nervenzehrenden Prozessmarathon vor dem Schiedsgericht zurückerkämpft wurde und bis weit in den Juli hinein vor ordentlichen Gerichten gegen die SpVgg Unterhaching, die vom Zwangsabstieg profitiert hätte, verteidigt werden musste. Mithilfe zahlreicher Sponsoren und Förderer aus der Region, die Vertrauen in den Weg der Konsolidierung setzten, gelang es am Ende, die Saison zu finanzieren und die wirtschaftlichen Kriterien der DFL zu erfüllen. Eben jene Deutsche Fußball Liga hatte sich 2000 als 100-prozentige Tochter vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) gelöst, der DFB selbst hatte es im Oktober 1998 qua Änderung der Statuten ermöglicht, dass komplett als Vereine organisierte Bundesligisten als Kapitalgesellschaften operieren konnten – Profifußball auf der einen, Gemeinnützigkeit auf der anderen Seite. Oder am besten beides zusammen. Dazu später mehr.
Erstmal galt es, die Rückkehr ins Oberhaus zu bewältigen. Trainer Willi Reimann führte das Team unter den genannten denkbar komplizierten Startvoraussetzungen 2003 fast schon sensationell zum Wiederaufstieg. Das unverändert legendäre 6:3 gegen den SSV Reutlingen bescherte den Hessen als Drittplatzierten das um einen Treffer bessere Torverhältnis gegenüber dem von Jürgen Klopp trainierten 1. FSV Mainz 05. Zu Beginn der Rückrunde der Saison 2003/04 trat Heribert Bruchhagen das Amt des Vorstandsvorsitzenden an. Der erneute Abstieg nach einem Jahr im Oberhaus ließ sich jedoch nicht mehr abwenden, der Neuaufbau war gleichwohl in vollem Gange. Im Folgejahr konnte sich die Eintracht unter Trainer Friedhelm Funkel ohne spektakuläre Transfers neu aufstellen und erneut als Tabellendritter aufsteigen.
2005 wurde das neue Waldstadion, das fortan Commerzbank-Arena heißen sollte, nach dreijähriger Bauzeit eingeweiht. Die Fußball AG startete parallel eine Kooperation mit dem internationalen Hamburger Sportrechtevermarkter Sportfive, das später in Lagardère Sports übergehen sollte. Nach zuvor unruhigen Zeiten und der Wahrnehmung als Fahrstuhlmannschaft etablierte sich die Eintracht im Anschluss im Oberhaus und blieb bis auf eine Saison 2011/12 in den vergangenen 20 Jahren erstklassig. 2025/26 geht es für die Adlerträger ins 57. Spieljahr in der deutschen Beletage.
Unter derlei Gesichtspunkten hat sich im Stadtwald schier Unglaubliches entwickelt – nicht nur auf dem Platz. Im Herbst 2010 entstand auf dem Vereinsgelände am Riederwald das Nachwuchsleistungszentrum, das neben Funktionsräumen und einer Dreifeldsporthalle auch ein Jugendinternat beherbergt. Seit dem 1. Juli 2023 ist das NLZ seinerseits ausgegliedert und in die Fußball AG übergegangen. Wie alle derlei zukunftsträchtigen Beschlüsse qua Mitgliedervotum; knapp 86 Prozent stimmten für die Neuausrichtung.
Hinzu kam das ProfiCamp im Deutsche Bank Park, wo seit 2021 alle Mitarbeitenden unter einem Dach vereint beziehungsweise auch nebenan im EintrachtLab den Fortschritt beschleunigen. Der Antrieb dahinter: die einzelnen Bereiche von Eintracht Frankfurt noch besser zu verzahnen.
Erst Emotionen, dann handfeste Erfolge
Sprung zurück: Im Sommer 2011 stellte sich der Verein nach dem Abstieg in Liga zwei zudem personell neu auf. Armin Veh übernahm als neuer Trainer die sportliche Verantwortung und Bruno Hübner heuerte bis heute als Sportdirektor an. Ein Jahr später erhielt auch der Vorstand mit Axel Hellmann, unter anderem Gründungsvater der mitgliederstarken Fanabteilung des Vereins, ein neues Gesicht. Nach dem direkten Wiederaufstieg unter Veh beendete die Eintracht die Saison 2012/13 auf einem nicht für möglich gehaltenen sechsten Tabellenplatz und qualifizierte sich so für die Play-offs der UEFA Europa League.
National lief es dagegen weniger spektakulär, aber immer solide. Eher schleppend kamen die Adler zum Beispiel in die Saison 2014/15, nachdem Trainer Armin Veh und einige Leistungsträger den Verein verlassen hatten. Dennoch landete die Eintracht am Ende der Saison auf Tabellenplatz neun. Großen Anteil daran hatte vor allem das Sturmduo um Haris Seferovic und Alex Meier – Letzterer sicherte sich in dieser Spielzeit mit 19 Treffern sogar die Torjägerkanone. Nach dem Klassenerhalt über die Relegation 2016 war bei der Eintracht zu Beginn der Saison 2016/17 vieles neu: Spieler kamen und gingen, der Betreuerstab um Trainer Niko Kovac wuchs und auf den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen folgte Fredi Bobic, der die Eintracht-Flotte gemeinsam mit Axel Hellmann und Oliver Frankenbach und nicht zuletzt unter dem von 2015 bis 2020 als Vorsitzender des Aufsichtsrats federführenden Strategen Wolfgang Steubing nachhaltig auf Kurs brachte.
Neben den internationalen Erfolgen erreichte die Eintracht zweimal hintereinander das DFB-Pokalendspiel und konnte nach der Niederlage 2017 gegen Borussia Dortmund ein Jahr später mit einem sensationellen 3:1 über den FC Bayern München erstmals seit 1988 wieder einen Titel gewinnen und sich für das 0:1 im Finale 2006 unter Friedhelm Funkel revanchieren.
Mit zunehmenden Erfolgen nahmen das Selbstbewusstsein und der Appetit auf mehr spürbar zu: Halbfinale in der UEFA Europa League 2019 und im DFB-Pokal 2020, André Silva stellte 2021 mit 28 Toren einen neuen Vereinsrekord innerhalb einer Bundesligaspielzeit auf. Nach zwei Jahren Coronaleiden gelang der Triumph in der Europa League in Sevilla 2022! Ein Jahr nach dem Amtsantritt des neuen Sportvorstands Markus Krösche und unter Cheftrainer Oliver Glasner der nächste große Schritt ins internationale Rampenlicht.
2022/23 betraten die Adler erstmals die Bühne UEFA Champions League, stießen direkt ins Achtelfinale vor. Im Sommer folgte der nächste, zu weiten Teilen gewollte, große Umbruch, auch den Trainerstab betreffend. Chefcoach Dino Toppmöller führte die Adler in seinem ersten Bundesligajahr auf Platz sechs, in der vergangenen Saison auf Rang drei und erstmals über die Liga in die Königsklasse. Im Herbst vergangenen Jahres vermeldete der scheidende Finanzvorstand Frankenbach abermals einen Rekordumsatz: 390,5 Millionen Euro nach 310,2 Millionen Euro in 2022/23. Zum 1. November übernahm Julien Zamberk die wirtschaftlichen Geschicke am Main. Überhaupt hat sich in den Führungspositionen etwas getan. 2022 stieß Philipp Reschke in den seither vierköpfigen Vorstand, seit 2024 steht Mathias Beck dem Verein als Präsident und der AG als Aufsichtsratsvorsitzender vor.
Handelnde Personen rotierten, der Aufschwung hielt an, auch abseits des Rasens: Die Mitgliederzahlen des Vereins schossen seit der Jahrtausendwende empor: von 5000 auf mittlerweile über 155.000. Ohnehin verlor der Verein unabhängig der Rechtsform nie sein Gefühl für die Basis und seine Geschichte, wie sich an der Eröffnung des Museums, der Fußballschule, Traditionsmannschaft oder der Kampagne „Eintracht in der Region“ zeigt.
Ich bin froh, dass zwischen Verein und AG in dieser Frage auch kein Blatt Papier passt.
Vorstandssprecher Axel Hellmann über die Kapitalmaßnahme
Erst im Februar beteuerte Axel Hellmann, seit April 2021 als Vorstandssprecher fungierend, im Rahmen des Frühjahrsempfangs im Frankfurter Palmengarten an die Partner gewandt: „Ich freue mich, dass so viele von Ihnen so lange an unserer Seite stehen und uns ideell und partnerschaftlich unterstützen. Wir begrüßen die [damals; Anm. d. Red.] zweitplatzierten Frauen und drittplatzierten Männer. Aber viele von Ihnen haben uns bereits unterstützt in Zeiten, als ein Tor mehr oder weniger über den Klassenerhalt entschieden hat. Ich betone: Wir haben die treueste und langfristigste Unterstützerschaft in der Bundesliga. Das ist etwas Besonderes!“
Im Mai beschloss der Aufsichtsrat die Kapitalerhöhung in Höhe von 25,7 Millionen Euro. Auch dieser Maßnahme war im Vorfeld ein demokratischer Mehrheitsentscheid auf der Mitgliederversammlung vorausgegangen „Es kam heraus, dass der Verein das Ziel hat, nicht nur die Stimmrechte, sondern auch die Kapitalanteile aufzustocken auf 75,1 Prozent. Das ist ein Paradigmenwechsel. Ich bin froh, dass dieser eine große Unterstützung gefunden hat in der Mitgliederschaft. Ich bin froh, dass zwischen Verein und AG in dieser Frage auch kein Blatt Papier passt. Und ich bin froh, dass am Ende Leute den Mut gefunden haben, das auch zu sagen: es ist ein plausibler Weg, der Sinn macht“, frohlockte Hellmann nach dem Ergebnis.
Das Feld ist nicht allein sportlich bestellt; Meilensteine wie der 2019 vollzogene Schritt in die Eigenvermarktung, die 2020 erlangte Hauptmieterschaft des Deutsche Bank Park, die im selben Jahr fixierte Fusion mit dem 1. FFC Frankfurt oder die 2022 reaktivierte U21-Mannschaft seien an dieser Stelle ins Gedächtnis gerufen.
Just an diesem 1. Juli 2025 greift die dritte Zusammenarbeit mit Sportartikelhersteller adidas, der die Eintracht bereits in den 1970er und 1980er Jahren ausgerüstet hatte. In diesem Sinne: auf die nächsten 25 – ohne die ersten 101 Jahre Vereinshistorie aus den Adleraugen zu verlieren.