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07.11.2023

Kick-off in ein neues Zeitalter

Das erste 2023 NFL Frankfurt Game begeistert über das Spielfeld im Stadion Frankfurt hinaus. Ein Erfahrungsbericht.

Es liegt etwas Luft. Ob Rindswurst oder Hot Dog, spielt am Sonntagmittag eine untergeordnete Rolle. Nach Jahren der Bewerbung, Planung und Vorbereitung ist er tatsächlich greifbar. Der Tag der Tage, die National Football League im Herzen von Europa. An jener Stelle, wo schon 1945 die Besatzungssoldaten der US-Armee das erste American-Football-Match Deutschlands initiiert hatten:

Im Frankfurter Waldstadion, heute besser als Deutsche Bank Park bekannt, der sich anschickt, nach und nach die fast 100 Jahre alte Tradition des Stadtwalds als Begegnungs- und Veranstaltungsstätte wieder aufleben zu lassen. Nun also die nächste Zündstufe mit dem NFL-Duell zwischen dem amtierenden Super-Bowl-Champion Kansas City Chiefs und den Miami Dolphins. Mehr Weltsport geht nicht. Auch hinsichtlich Eventcharakter muss sich dieser Herbsttag nicht vor dem Stadionsommer verstecken. Knapp sieben Stunden American Style auf hessischem Boden. Exakt 50.023 Besucherinnen und Besucher, die Gäste und Darsteller zugleich werden.

Dreieinhalb Stunden, ehe sich die Chiefs und die Dolphins einen packenden Schlagabtausch liefern, den der Titelverteidiger schließlich 21:14 für sich entschied, öffnen die Tore. Ticket vorzeigen, Sicherheitskontrolle, an sich normal. „Gude!“ „Welcome!“ Amtssprache Englisch, na klar. Man versteht sich.

Während um die Mittagszeit auf der Mörfelder Landstraße Stoßstangenkuscheln angesagt ist, flanieren immer mehr Menschen über den Sommerweg Richtung Stadion. Vorbei an den Trainingsplätzen... Nein, diesmal nicht. Die Rasenflächen sind Kunststoffplatten gewichen; Dancefloors, wer denn wollte. DJs heizen ein, Touchdown Frankfurt und RTL werben und der Veranstalter bringt diejenigen, die zu den verhältnismäßig wenigen Ticketbesitzern zählen, die global florierende Sportart spielend noch näher.

Seite an Seite locken Foto-Challenges, Souvenir-Shops und nicht zuletzt American-Football-typische Disziplinen. Field Goal Kick, Vertical Jump, Broad Jump and so on. Die Leute, nicht wenige mit Gesichtsbemalung, stehen Schlange und eifern um die Wette. Wem es nach der eigenen Ertüchtigung dürstet, bekommt die Drinks aus größeren Bechern als gewohnt. Beileibe nicht die einzige neue Größenordnung.

Ab auf den Platz, Schwenk durch den Innenraum. Gelbe Stangen statt weißen Pfosten und der in beide Richtungen um circa vier Meter verlängerte auf 109,72 Meter erweiterte Rasen fallen neben den Zehn-Yards-Markierungen als erstes ins Auge. Die Coaching- und Staff-Bereiche sind nicht mehr nebeneinander, sondern gegenüberliegend, einer entlang der Haupt-, der andere vor der Jürgen-Grabowski-Tribüne. Nicht mal mehr eine Stunde.

Neue Sportdimension im Deutsche Bank Park.

Während sich die Teams auf dem Feld und die Fans auf den aqua-rot gemischten Rängen (vereinzelt sind schwarz-weiße Balkenschals zu sehen) auf Betriebstemperatur bringen, kommt es in den Räumlichkeiten zum feierlichen Get-together zwischen Sebastian Vollmer, ehemaliger deutscher NFL-Player, Sportreporter Florian Schmidt-Sommerfeld sowie Timm Jäger, Geschäftsführer der EintrachtTech GmbH, und Julien Zamberk, Geschäftsführer der Eintracht Frankfurt Stadion GmbH.

Empfang oben (v. l.): Julien Zamberk, Sebastian Vollmer, Florian Schmidt-Sommerfeld und TImm Jäger.

Große Gesten parallel auch unten am Spielfeldrand, wo Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann Clark Hunt und Steven Ross, die CEOs der Chiefs und Dolphins, sowie NFL-Commissioner Roger Goodell in Empfang nehmen. Die Macher aus Übersee erhalten jeweils eine Steinadlerminiatur und warten ihrerseits mit besonderen Gastgeschenken auf. Die Show konnte beginnen.

Als nomineller Gastgeber hatten die Chiefs je nach Sichtweise Hoheit oder Verantwortung für das Pre-Game-Programm. Ein Intro im wahrsten Sinne mit Pauken und, natürlich, Cheerleadern, die vor, während und rund um die Partie nonstop im Tanzschritt den Kicks, Runs und Tackles der Footballer in nichts nachstanden.

Reife Leistungen vollbrachten auch Dana Bowers, die „The Star-Spangled Banner“ zum Besten gab, und Gregor Hägele, der mit der deutschen Nationalhymne nachzog. Das Publikum stimmte mit ein. Gänsehaut und Emotionen, bevor überhaupt der erste Touchdown vollbracht war.

Auch wenn ab kurz nach halb vier endgültig der Sport im Vordergrund stand, war die Musik wie im US-Sport üblich der ständige Begleiter. Keine Spielunterbrechung, ohne dass auf Knopfdruck die Boxen donnerten. Disco Deutsche Bank Park.

Launige Momente waren nicht allein für die Ohren, sondern auch die Augen vorprogrammiert. Beard Cam, Fan Cam, Kiss Cam. Halbzeitshow mit Nico Santos und Kontra K. Die volle Dosis.

Outro: „Take me Home, Country Roads“

Das letzte Wort gehörte, nachdem die letzten Sekunden des vierten Viertels heruntergelaufen waren, John Denver, dessen Evergreen „Take me Home, Country Roads“ in den vergangenen Jahren in die NFL-Kultur Einzug gehalten hat. Losgelöst von Ergebnis, Freude und Enttäuschung sang das Frankfurter Football-Volk, zu dem auch die Fußballer Sebastian Rode, Timothy Chandler und Gonaclo Paciencia zählten, aus voller Kehle mit.

Es wirkte vor dem zweiten Frankfurt Game am nächsten Sonntag wie der Kick-off in ein neues Zeitalter.