WM-Silber in London 2017, Bronze bei der Heim-EM 2018, drei Olympische Spiele, 6836 Punkte als persönliche Bestleistung: Die Bilanz der langen Karriere von Siebenkämpferin Carolin Schäfer ist beeindruckend. Bei den Olympischen Spielen in Paris im vergangenen Sommer hatte die 33-Jährige ihren letzten großen Auftritt und beendete im Anschluss ihre Zeit als aktive Leistungssportlerin, wofür sie bei der Mitgliederversammlung vom Präsidium ausgezeichnet und offiziell verabschiedet wurde. Im Interview mit ihr blicken wir zurück auf eine großartige Karriere, die Caro überwiegend bei Eintracht Frankfurt verbracht hat.
Caro, nach 15 Jahren Leistungssport hast Du im Sommer deine Karriere beendet. Jetzt mit ein bisschen Abstand: Wie blickst Du auf deine Karriere zurück?
Voller Dankbarkeit und Stolz. Keine Wehmut. Ich bin wirklich erfüllt von diesem Leistungssport, erfüllt von meiner Karriere und bin einfach so zufrieden, wie dieser Abschluss im Olympiastadion in Paris war. Es war genauso, wie ich es mir gewünscht habe. Und meine Karriere ist damit richtig rund und damit konnte ich auch einen sehr positiven Haken dahinter setzen.
Ich habe einfach die Vielseitigkeit am Siebenkampf geliebt.
Carolin Schäfer
Wie bist Du überhaupt zum Siebenkampf gekommen?
Zur Leichtathletik bin ich eigentlich klassisch über meinen älteren Bruder gekommen und ich bin dadurch immer schon in den Hallen und in den Stadien groß geworden. Und generell beginnt man ja auch mit dem Mehrkampf. Das heißt, ich habe mich halt einfach mit 15 Jahren nicht entscheiden können, welche Disziplin ich am liebsten mache oder was ich besonders gut kann. Ich konnte nichts richtig, ich konnte alles ziemlich gut und ich habe einfach die Vielseitigkeit am Siebenkampf geliebt. Und das war das, was für mich entscheidend war, zu sagen, der Mehrkampf ist es für mich und ich möchte gucken, wie weit ich im Mehrkampf komme.
Du hast das sehr häufig gesagt: „Ich konnte nie etwas so richtig gut, aber vieles sehr gut.“ War das am Ende auch so ein bisschen deine Stärke, um dich dann auch in die Weltspitze katapultieren zu können?
Absolut. Also gerade diese Ausgeglichenheit in allen sieben Disziplinen. Nichts richtig herausragend zu können, aber eben auch keine große Schwäche zu haben, war für mich die große Stärke im Siebenkampf und darauf konnte ich gut aufbauen. Das war mein geheimer Schlüssel.
Deine letzten Olympischen Spielen waren 2024 in Paris. Dein letzter Wettkampf der Karriere. Auch gefühlt vor der Haustür. Dadurch auch ganz viele Freunde und Bekannte und Familie im Stadion. Und Jan – dein Lebensgefährte und auch dein damaliger Trainer – war auch ganz nah mit dabei. Wie war dein letzter Wettkampf der Karriere?
Sehr bewegend und sehr emotional. Für mich hat sich da einfach eine Reise beschlossen, die ich gemacht habe mit meinen Eltern und mit meinem Bruder im Stadion. Wir als Kern der Familie haben das zusammen erlebt und sich den Traum erfüllen zu können, mit seinem Partner, also auch dann entsprechend seinem Trainer, diese olympische Reise angetreten zu haben und das alles gemeinsam erlebt zu haben, dafür bin ich wahnsinnig dankbar. Da können wir noch viele Jahre von erzählen und das macht mich sehr stolz. Ich habe das alles so aufgesaugt bei den Olympischen Spielen.
Auch mal mehr rechts und links geguckt, was sonst bei den Jahren zuvor einfach ein stückweit in den Hintergrund gerückt ist, weil ich zu zielstrebig auf mein Ziel geschaut habe. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Weitblick dort in Paris hatte und das auch ein stückweit mehr als Mensch genossen habe. Es war genau richtig so, wie es gemacht habe.
Paris hast Du abgeschlossen mit Platz 17. In Rio war es Platz fünf, in Tokio Platz sieben. Die olympische Medaille ist die einzige, die in deinem Satz am Ende des Tages fehlt. Tut das ein bisschen weh?
Also, ich weine nicht der olympischen Medaille hinterher. Medaillen geschehen sowieso, die kann man nicht planen. Und ich bin so dankbar dafür, dass ich 6836 Punkte in meiner Karriere gemacht habe. Das war immer der Ursprung: Ich möchte so viele Punkte wie möglich in meiner Karriere sammeln. Ich habe zwei internationale Medaillen gewonnen. Ich bin einfach erfüllt und dankbar. Ich weine keiner anderen Medaillen hinterher. Ich habe sie nie gehabt, von daher fehlt sie mir auch nicht. Aber klar, Ziel war es. Aber ich bin nicht traurig, dass ich die Medaille nicht gewonnen habe.
Deine sportliche Karriere ist vorbei. Die berufliche hat jetzt so richtig begonnen. Wie geht es denn weiter für Carolin Schäfer – als nicht Siebenkämpferin?
Ich war jetzt lange Zeit – acht Jahre – in der Sportfördergruppe bei der Polizei Hessen. Ich bin jetzt dort Anfang Februar verabschiedet worden und bin jetzt in der Aus- und Fortbildung. Das heißt, ich habe viel mit den Studierenden zu tun, bin die Schnittstelle zwischen der Hochschule und den Polizeitrainern. Von daher hat sich mein Leben doch ziemlich verändert. Ich freue mich auf diese neuen Herausforderungen, die neuen Aufgaben und fühle mich da einfach sehr gut aufgehoben.
Ich glaube, wenn man sich so zu einem Verein bekennt, dann kommt man nicht mehr von ihm los und will es auch gar nicht.
Carolin Schäfer
Auch wir haben dich verabschiedet im Rahmen der Mitgliederversammlung. Das war ein sehr ergreifender Moment. Ich glaube, nicht nur für dich selbst, sondern auch für alle im Saal. Wie war es denn für dich?
Sehr besonders und sehr emotional. Weil es einfach diese große gegenseitige Wertschätzung zeigt. Und das ist für mich einfach von unschätzbarem Wert. Auch zu sehen, dass so viele Menschen meine Reise begleitet haben. Es ist für mich einfach auch schön, genau mit diesen Menschen diese Karriere noch einmal aufleben zu lassen und auch noch einmal richtig zu feiern und würdevoll zu verabschieden. Deswegen habe ich mich über diese Ehrung enorm gefreut. Mit Standing Ovations, auch wenn ich genau weiß, dass viele wegen des Fußballs da waren. Das so zu sehen, dass viele doch auch über den Tellerrand hinausschauen und andere Sportarten auch gut finden – das fand ich sehr besonders.
Du bist jetzt lebenslanges Mitglied, das hat das Präsidium Dir für deine sportliche Karriere geschenkt. Du kannst uns also nicht mehr wirklich entfliehen und bleibst Teil der Eintracht-Familie. Aber nach so langer Zeit, sei mal ehrlich, hättest Du uns sowieso nicht verlassen können, oder?
Ja, absolut nicht. Das war für mich klar, dass ich immer in irgendeiner Art und Weise der Eintracht erhalten bleibe. Deswegen habe ich auch schon in der Verabschiedung gesagt: Einmal Adler, immer Adler. Ich glaube, wenn man sich so zu einem Verein bekennt, dann kommt man nicht mehr von ihm los und will es auch gar nicht.
Das ist doch ein wunderschönes Schlusswort. Wir danken Dir sehr herzlich für das ausführliche Interview.