Der Job, den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter auf den Sportplätzen ausüben, ist häufig nicht einfach. Ungeachtet der Leistung der Unparteiischen finden sich im Normalfall zahlreiche Leute, die mit den Entscheidungen unzufrieden sind, sodass die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter nicht selten völlig auf sich allein gestellt sind. Doch welche Aufgaben und Herausforderungen kommen eigentlich Schiedsrichtervereinigungen und -ausschüssen zu? Mathias Lippert fungierte von 2004 bis 2020 als Kreisschiedsrichterobmann der Schiedsrichtervereinigung Frankfurt und gibt interessante Einblicke.
Mathias, worin besteht das Aufgabenfeld eines Kreisschiedsrichterobmanns?
Im Prinzip ist der Obmann für alles zuständig. Er ist für die Ansetzungen von der Jugend bis zu den Senioren in Frankfurt zuständig und befindet sich – beispielsweise mit Hanau, Friedberg oder Gelnhausen – in Austauschkreisen, da dort auch Schiedsrichter aus Frankfurt benötigt werden. Dann ist man für die Aus- und Weiterbildung der Schiedsrichter zuständig und organisiert Veranstaltungen, Workshops oder Trainingslager. Der Obmann repräsentiert die Vereinigung zusätzlich bei anderen Veranstaltungen und muss auch disziplinarisch agieren, wenn Schiedsrichter über die Stränge schlagen oder ihren satzungsgemäßen Pflichten nicht gerecht werden. Auch für die Vereine ist der Obmann Bezugsperson – in der Regel für die, die mit den Schiedsrichtern unzufrieden waren. Außerdem gab es noch Themen wie die Sponsorengewinnung, die Gestaltung der Homepage oder den Auftritt in den sozialen Netzwerken, um die wir uns immer bemüht haben.
Teamwork und Teamgeist sind ganz wichtig und ich hatte großes Glück mit meinen Mitstreitern in Frankfurt.
Mathias Lippert
Für ein solches Programm wird sicherlich auch Unterstützung benötigt. Wie sieht die aus?
Richtig, der Obmann kann das nicht allein machen und bekommt daher Unterstützung durch einen stellvertretenden Obmann, einen Lehrwart, einen Öffentlichkeitsmitarbeiter und noch weiteren Personen, die auch Schiedsrichter sind und zusätzlich im Ausschuss mitarbeiten. Ich hatte in Frankfurt einen Stab von zehn bis elf Leuten und musste diese Personen dann aber auch wieder delegieren. Teamwork und Teamgeist sind ganz wichtig und ich hatte großes Glück mit meinen Mitstreitern in Frankfurt.
Welche Herausforderungen gilt es zu meistern?
Als ich 2004 anfing, hatten wir knapp 200 aktive Schiedsrichter. Als ich aufhörte, waren es schon 330. Unter 330 Leuten gibt es so viele verschiedene Persönlichkeiten, die allesamt einen unterschiedlichen Anspruch an sich haben. Hinzu kommt, dass es in einer Stadt wie Frankfurt, in der zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund leben, viele kulturelle Unterschiede gibt. Die Hauptarbeit liegt darin, an diesen Stellen für ein Gleichgewicht innerhalb der Schiedsrichtervereinigung zu sorgen. So habe ich beispielsweise auch immer Wert daraufgelegt, dass ältere und jüngere Personen gleichmäßig im Kreisschiedsrichterausschuss vertreten sind, da sich Meinungen dort häufig unterscheiden. Wichtig ist, diese Meinungen konstruktiv und kritisch zu hinterfragen, um letztlich einen Weg für die Schiedsrichtervereinigung Frankfurt zu finden und sich in der Gesamtheit weiterzuentwickeln. Und da darf man sich – ähnlich wie als Schiedsrichter auf dem Platz – nicht verbiegen lassen.
Eine weitere Herausforderung liegt in der weitaus fehlenden Unterstützung – vor allem finanziell. Wir haben einen Förderverein und würden uns selbstverständlich über mehr Mitglieder und vor allem über die Unterstützung durch die Fußballvereine freuen. Wir haben in Frankfurt 80 Vereine und nur knapp die Hälfte der Vereine sind Mitglieder des Fördervereins. Da würden wir uns schon noch mehr Zuspruch wünschen. Viele Vereine denken das wäre teuer, aber für 20 Euro im Jahr kann man hier zusätzlich etwas in die eigenen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter investieren. All das, was wir organisieren und veranstalten wird über unseren Förderverein abgewickelt. Wir finanzieren uns zu 90 Prozent über die Mitgliedsbeiträge der Mitglieder des Fördervereins. Viele weitere Informationen kann man unserer Homepage entnehmen.
Ist es denn möglich, Spiele selbst als Schiedsrichter noch zu leiten, wenn man Kreisschiedsrichterobmann ist?
Das ist natürlich noch möglich, aber es wird manchmal schwierig. Wenn ein anderer Schiedsrichter beispielsweise Sonntag morgens ein Spiel zurückgibt, muss man als Obmann das Spiel umbesetzen und einen neuen Schiedsrichter suchen. Das bringt viel zeitlichen Aufwand mit sich und so kann man Gefahr laufen, auch selbst nicht pfeifen zu können.
Weshalb haben Sie sich nach 16 Jahren entschieden, das Amt nicht mehr auszuüben?
Das ist ganz einfach. Stellenweise handelt es sich um einen Full-Time-Job und irgendwann ist es auch mal an der Zeit, dass junge Leute neue Impulse einbringen. Das war mein Hauptanliegen, denn nach 16 Jahren in solch einem Amt wird man auch betriebsblind und sieht nicht mehr das Wesentliche. Außerdem haben die vergangenen Jahre viel Kraft gekostet, vor allen Dingen bezogen auf die vielen Übergriffe auf Schiedsrichter. In Goran Culjak hatte ich einen sehr guten und vor allem loyalen Stellvertreter, der das Amt jetzt innehat, aber wegen der Pandemie und der Folgen noch nicht richtig gefordert wurde.